Poesie

Im gemächlichen Schreittanz
Bewegt flüchtig
Wie flüsternde Blätter im windstillen Baum
Die Zeit einen Zauber
Und es pfeift darauf ein Nachtigall
Seinen sehnsüchtigsten Ton
Der beschwört reine Entfess'lung
Als rieselten aus hellblauem Himmel
Tropfen der Unendlichkeit
Die wenn sie berühren die Haut
Mit ihr zerfließen zu nichts
Wie wir zerfließen zu nichts
Und die Seele sich bläht
Bis an die Süße des Windes

Poesie


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Die andere Seite des Mondes

Träumenden Auges
Streicht ein Nachtigall
Die Saiten einer gläsernen Geige
Mühlenflügel
Aus Federn verirrter Vögel
Befächeln das Gesicht der Zeit
Eine Fee
Die im Schneekleid gebettet
Auf Wolken warmen Windes
Sich ihr Haar spinnen läßt
Von schillernden Raupen
Und flüstert
Hin zum Wind
Der Staub von den Steinen bläst
Für nichts
Daß
Was in Eile geschieht
Verloren ist


Seite des Mondes


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Dein Geruch

An einer Faser meines Schals
An einer Pore meiner Haut
Ist noch ein Schimmer
Deines Geruchs
Vor den Augen
Der gleichgültigen Nacht
Flieht er zwischen kahle Bäume
Und flüstert im leisen Wind
Mit der Sehnsucht
Zweimal dreimal atmen noch
Dann hab ich ihn verloren

Dein Geruch



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Gia mas

Gia mas

Gia mas - den letzten Ouzo
Im Hafen von Rafina
Das Meer streckt sich faul in der Sonne
Alte Männer nippen wichtig
Aus Spielzeugtassen
Süßen Kaffee
Fischhändler lungern um ihre schillernde Beute
Und warten auf vornehme Damen
Im Kostüm für viel Zeit
Vögel in Käfigen
Zwitschern stolz von Freiheit
Stimmen surren wie müde Fliegen
Im salzigen Wind
Und in einer Taverne
Zerbricht
Zu weinendem Akkordeon
Das Herz
Eines längst verblichenen Sängers


Gia mas


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Ballade vom Storch

Dort, wo das Bächlein Lossa fließt durch Auen,
Das später sich der Mulde zugesellt,
Wo Wald und Feld einander still beschauen,
Hat Gott ein kleines Dörfchen hingestellt.

Falkenhain hat diesen Ort benannt,
Ein Mensch mit Sinn für Poesie.
Der Namen sind weit schlimmere bekannt,
Nur einen Falken sah man hier noch nie.

Grün quillt aus den Bäumen, sprießt aus der Erde,
Das Wetter ziert sich und hat Launen,
Auf Koppeln galoppier'n im Übermut die Pferde
Und Dompfaffmännchen putzen ihre Daunen.

An Nestern wird gestrickt, in Höhlen repariert,
Ein Specht klopft an die Bäume, die gut klingen.
Die Ente hat sich einen Erpel reserviert
Und eine Amsel läßt sich Regenwürmer bringen.

Trotz aller Müh' und Tages Plage,
Ein Schwätzchen so von Ast zu Ast
Ist wichtig und man hört die Frage,
Die Störche hätten ihre Reise wohl verpaßt?

Im Trubel blieb's noch unentdeckt,
Hochoben auf des Schlosses Dach,
Wo sonst der Frühlingsfürst den Schnabel reckt,
Verlassen, seiner Majestät Gemach.

Allein ein Spatz mit seiner Braut,
Flaniert im Bauwerk, mißt bedächtig,
Ob er sich hier was eignes baut?
Doch scheint der Aufwand sehr beträchtlich.

Durch alle Schnäbel zwitschert ein Gerücht im Nu.
Das Storchenpaar hat sich verändert!
Sie hat was mit 'nem Marabu
Und er so durch die Weltgeschichte schlendert.

Der Marabu hätt' ihr wohl stolz berichtet,
Von einem Fels im Meer, ganz ohne Regen,
Auf dem er lebt und denkt und dichtet,
Dort könnten sie gemeinsam Eier legen.

Ein Distelfink weiß es aus ersten Quellen
Und leistet einen Finkenschwur.
Sie turtelt jetzt auf den Seychellen
Und er lebt an der Cote d'Azur.

Dort sitzt er, welch Mysterium,
Und tritt die Vogelehr' mit Füßen,
Ganztägig in den Straßencafes 'rum
Und wird's nicht müd' die Damenwelt zu grüßen.

Schlägt umeinander seine Beine,
Wippt mit dem Zeh und pfeift Triolen,
Schnäbelt Pastis und rote Weine
Und läßt sich Panna cotta holen.

Der Fink macht eine Pause im Bericht,
Sträubt das Gefieder, putzt sich flüchtig.
"Mag sein, ihr glaubt meinem Gezwitscher nicht,
Doch von den Finken weiß man, daß sie brav und züchtig.

So stellt euch vor! Der Meister Adebar,
Von Menschen hoch geachtet und gekürt,
Bereimt, besungen, ein Idol sogar,
Was der da für ein Leben führt.

Er achtet nicht die Traditionen,
Läßt gänzlich die Moral vermissen,
Erklärt der Menge heikle Positionen
Und will vom Storchenleben nichts mehr wissen.

Da sitzt er und doziert: Zweifelt ihr an meinem Sinn?
Ihr Kreaturen glotzt und traut nicht euern Ohren.
Ich frag euch, der ich euer Fabelwesen bin,
Das Leben, das ihr führt, ist euch das angeboren?"

Storch


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Der Advokat


"Worum es geht, das will ich gar nicht wissen,
Nur was wir kriegen können!", schleimt der Advokat beflissen.
"Die Einzelheiten stören nur die Interpretation
Und ob du recht hast oder nicht, wen interessiert das schon?

Bei allem was der Kerl im Himmel oben schuf,
Die Niedertracht und alles was sie stützt ist mein Beruf.
Ich werd's erst dir und dann dem Rest der Welt beweisen,
Was nicht beschissen ist, das werde ich bescheißen.
Nun bist du hier und schon vom Sudel übergossen,
Die Türen in die heile Welt sind dir verschlossen,
Du wirst mit mir die Wege gehen die ich kenne,
Die Dinge so versteh'n wie ich sie dir benenne.

Der erste Schuß muß menschlich schön verletzen
Und in die off'nen Wunden werden wir dann kleine Würmer setzen,
Von denen jeder fleißig Eiter produziert.
Umweht mich dieser Duft bin ich auf's höchste inspiriert.

Ein niedliches Bukett aus Lügen zum Entree,
Die Worte giftig, drei Paragraphen, etwas Ach und Weh,
Vielleicht noch ein Detail aus Blut und Erde,
Das ich geschickt um seine Achse drehen werde.

Dies Süppchen mit den gift'gen Brocken,
Muß deinen Widersacher aus dem Stübchen locken
Und ist er erst in's freie Feld getreten,
Hilft nicht Moral ihm, nicht die Ethik, nicht zu beten.

Durch deine Vollmacht, die mit meinem Sinn gepaart,
Wird er zerlegt nach feiner Advokatenart.
Und wenn der Beifall staunender Kollegen mich umlabt,
Dann weiß ich einmal mehr, ich bin als Advokat begabt."

Gott muß dem Verdruß sehr nah gewesen sein,
Da fiel ihm der Beruf des Rechtsanwaltes ein.
Advokat

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Lucca - Serenade

Vorhang auf - die Rollen sind vergeben
Man schwafelt kurz und innig über's Leben
An Bar und Tischen sitzen hübsche Mienen
Die ohne Scheu der Spiegel sich bedienen

Dies ist kein Platz für bürgerliche Bräuche
Ciabatta stopft man sich in edle Bäuche
Leis spielt Musik aus fernen Kreisen
Indes Gespräche Offenheit beweisen

Gescheites Volk gibt sich an diesem Ort die Ehre
Große Künstler und auch solche die noch in der Lehre
Bankiers Studenten Reisende aus Wien
Die so des Tages Peitsche sich entzieh'n

Durch hohe Fenster läßt sich gut studieren
Wie Kuhgesichter im Profil den Hort passieren
Wie volles Haar sich sinnlich bläht im Wind
Und späte Mütter stolz flanier'n mit ihrem Kind

Kaffee verströmt sich selbstlos aus den Tassen
Die Sonne gießt den Frühling in die Gassen
Manch keckes Weib nimmt im Gazellenschritt
Ganz unbemerkt das Träumchen eines Casanovas mit

Zufrieden lehnt der Wirt am Tresen der Taverne
Lächelt versonnen und blinzelt in die Ferne
Im Geiste wohl nur leider nicht real
Schwappt sacht das Mittelmeer hier an's Portal

Lucca


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Zu spät

Wie spät ist es - wie spät wie spät
Nur nach der Zeit wollt ich sie fragen
Nach der Stunde die mir schlägt
Und stolpere in ihre Augen
Verwechsle meine Füße
Suche Halt in ihrem Haar
Das sich wild und sündig wellt
Mit Duft von Erde Moos und Gras
Und Sonne Wind und Meer

Wie spät ist es - wie spät wie spät

Nur die Stunde wollt ich wissen
Nur die Zeit die mir vergangen
Und geh verloren in der Zeit
Und fühle keine Stunde mehr
Doch ihre Haut die jung und weich
Und ihre Augen die mich stolpern lassen
Und ihr Haar das mir die Sinne raubt
Daß mir brennt die Stirn vor Fieber
Sagen mir

Zu spät - zu spät
Zu spät


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Traurig

Traurig seien meine Augen
Hör ich
Und sehe doch niemand an
Müde sei mein Gang
Sagt man
Doch rühr ich mich nicht
Gequält sei mein Lächeln
Und ernst meine Mine
Doch ist das Gesicht
Das ich trage
Schon lang nicht mehr meins
Leise
Hör ich
Sei meine Stimme
Und schwer meine Worte
Doch spreche ich nicht
Schon seit Tagen
Geh nur nachts zu den Bäumen
Wenn ein Luftzug die Stille küßt
An ihrer zerrissenen Haut
Nach der Ruhe zu spüren
Nach der Weisheit zu tasten
Und flehe geschlossenen Auges
Sie mögen mich nehmen zu sich
Daß niemand mehr sagt
Meine Augen seien traurig

Traurig


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Stille ist der Rest der bleibt
(Nachts in Halakia)

Gerufen von der Stille
Erwach ich in der Nacht
Rühr mich nicht und atme kaum
Daß mir nichts entgeht
Von dem was nicht geschieht
Und müde bin ich von dem Tag
An dem ich nichts gedacht
An dem ich nichts getan
Und müde von der Zeit
Und von der Stille
Die mir keine Ruhe gibt
Und höre einen Hauch von Wind
Der mir flüstert
Daß ich nichts verstehe
Nichts verstanden habe
Und still ist es so still so still
Als würde nie mehr was geschehen
Als wäre es das Ende

Nur die Schatten
Die der Mond wirft in die Berge
Erwidern meinen Blick
Mit dem ich Trost such bei den Sternen
Und so
Allein
Mit tausend Sternen
Und dem Mond
Und langen Schatten
Die er in die Berge wirft
Und dem so leisen Hauch des Windes
Der mir flüstert
Daß ich nichts verstehe
Nichts verstehen werde
Wart ich auf den Tag
Der noch so weit ist
Noch so weit
Und auf sein Vergessen
Seinen Trost und seine Gnade
Und sitze in der Stille
Die ich nur ertragen kann
In der Hoffnung auf Erlösung
Und rühr mich nicht
Und atme kaum
Weil ich doch fürchte
In der Stille
Die so nach mir packt
Den Rest des Lebens zu vertreiben

Stille


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Kreuzfahrt

Jüngst ging ich wieder mal auf Reisen
Und war darob sehr aufgeregt
Ob Pläne sich als gut erweisen
Und ob die Wege gut gefegt

Was oft dem Reisenden passiert
Weiß wer schon gereist zu sagen
Ist dass das Wetter nicht pariert
Und bockig wird der Reisewagen

Die Stunde wählen mit Bedacht
Das Näschen putzen auch die Ohren
Noch eine Bügelfalte in die Tracht
Und schon bekommt das Pferdchen Sporen

Der Motor schnurrt brav wie ein Kätzchen
Mir scheint der Wagen fast zu fliegen
Mit Freude seh' ich frische Plätzchen
Und Pausenäpfel nahe liegen

Der Wind spielt mit den Kiefernmützen
Ein früher Kranich tanzt im Feld
Auf weiten Wiesen stehen Pfützen
Der Frühling küsst wohl bald die Welt

So sitzend wie ein Frühlingsbote
Das Auge schweifend übers Land
Umweht mich eine strenge Note
Die mir bis dahin unbekannt

Ein Hamsterkäfig der nicht rein
Ein Kabel das vom Strome schmort
Ich roch und kam nicht überein
Was mir sich in die Nase bohrt

Beileibe ich bin nicht penibel
Mit mir zog Ordnung schlechtes Los
An Nas' und Ohr bin ich sensibel
Doch vieles überseh' ich groß

Das Moos keimt aus der Kutsche Ritzen
Wenn's draußen regnet tropft es rein
Verteilt mein Hausrat auf den Sitzen
Doch übler Duft der muss nicht sein

Von Stund zu Stund wird mir egal
Ob's Frühling ist ob Flocken fliegen
Im Gasthaus nehm' ich Bett und Mal
Und lass Gebäck und Apfel liegen

Gerechter Schlaf bringt Kraft und Freud
Dem der sie müde misste wieder
Obwohl ich diesen Blick gescheut
Schaut' ich auf meinen Apfel nieder

Die runden Backen hohl und leer
Die Straffe Haut in welken Spänen
Im Wagen stinkt es jetzt noch mehr
Und auch die Plätzchen weinen Tränen

Indes ich der Pilot brav ruhe
Wird unter meinem Sitz gezecht
Da unten steht noch ein Paar Schuhe
Ich hoff darinnen schläft's sich schlecht

Wie stur ich auf die Straße stier
Das Ruder führe im Gestank
Schläft irgendwo ein Passagier
Und träumt auf seiner Ofenbank

Die Bach'schen Noten sind zerrissen
Der samt'ne Fußbelag zernagt
Auf dass er richte sich ein Kissen
Der Schlafen geht sobald es tagt

Mich bangt es gar dass nach dem Essen
Der Gast in ungeheurer Tat
Ein Loch sich in den Rost gefressen
Dass er auch eine Aussicht hat

Wie werd ich bloß in aller Eile
Denk stinkend ich an Hemd und Hos'
Das Tier mit dem ich alles teile
An dessen Leib gesund bald los

Es quält mich Furcht dass sie verbliche
Wie ich durch Flockenwirbel saus
Und künftig um den Wagen schliche
Im Schuldgefühl am Tod der Maus

Vielleicht ist diesem kleinen Biber
Das Unterdeck nicht gut geheizt
Ein Herzstillstand vom hohen Fieber
Der Atemweg von Rauch gereizt

Ich lass es ihr das Haus aus Blech
Zum Hausstand gründen in den Sitzen
Drauf sie mit der Verwandtschaft zech
Und Moos gedeihe in den Ritzen

Will treulich füttern und umsorgen
Auch ihren Nachwuchs mit ernähr'n
Mir selbst des Nachbarn Auto borgen
Dann soll in Ruhe sie gebär'n

Am Ende war ihr Herz zu schwach
Wer klein ist muss nicht Großes suchen
Ihr Leben gab dem Tode nach
Sie ruht in Wendisch bei den Buchen

Milan 26.2. 2016

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Des Daseins Schatten

An Lärm und an Getöse an Gedröhn
Stirbt schuldlos eines jeden Tages Stunde
Vernichtet wird was rein und ungeseh'n
Ersonnen ist's und schon der Unschuld Wunde

Der kleine Gott als Knecht des großen Strebens
Ist eine Plage sich und Fluch der Welt
Sein ganzes Tun das ohnedies vergebens
Ist nichts als wenn ein Hund den Mond anbellt

Ich flehe nach der Kälte Schnee und Regen
Als deren Gast sich stets die Stille zeigt
Sie mag erbarmend sich auf alles legen
Dass offenbar wird was der Knecht verschweigt

Das Fenster schließ' dass ich den Tag nicht sehe
An dessen Neige ich verdurstend stehe

Milan 18.07.2010 18.11.2015

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